Alexia | 27 | Schauspiel-Studentin aus New York City
Auf NEON.de:
"Als Junge war ich sehr hübsch"
Woraus ziehst du momentan Zufriedenheit?
Vor ein paar Monaten hätte ich wahrscheinlich noch gesagt: Daraus, Macht und Kontrolle über die Männer zu haben, die ich date. Heute ist es die Schauspielerei.
Was siehst du, wenn du in den Spiegel schaust?
Jemanden, den ich eigenhändig kreiert habe. Ich bin nicht so geboren worden, wie du mich jetzt siehst. Alles an mir habe ich selbst ausgesucht: meine Lippen, meine Haare, meine Brustgröße. Auch heute noch, ein paar Jahre nach meiner Geschlechtsumwandlung, bin ich deshalb sehr kritisch, wenn ich mich anschaue. Ich wünschte, ich hätte ein paar Dinge anders gemacht.
Was genau?
Mit 19 fing ich an, Hormone zu nehmen. Mit meiner Entscheidung, auch äußerlich und biologisch eine Frau zu werden, war ich über viele Jahre hinweg komplett allein. Es war eine harte Zeit, mir war vieles egal. Ich geriet in eine gewalttätige Beziehung und hatte eine paar Zusammenstöße mit der Polizei. Das ist aber alles sehr lange her.
Bereust du etwas?
Manchmal bereue ich es, dass ich es mit allem so eilig hatte. Zum Teil habe ich Eingriffe illegal machen lassen, auch weil es billiger war. Heute würde ich mir nie mehr Silikon in die Lippen spritzen lassen.
Gefällst du dir?
Ja sehr, aber auch als Junge war ich sehr hübsch.
Wann wolltest du das letzte Mal dringend die Aufmerksamkeit eines anderen Menschen auf dich ziehen?
So was mache ich nicht.
Glaubst du an die große Liebe?
Ich glaube an die Liebe, ja. Doch nicht jeder ist dafür bestimmt, seine große Liebe zu treffen und zu heiraten und Kinder zu kriegen. Ich sehe mich eher als die Person, die allein bleibt.
Nervt dich die Omnipräsenz von Caitlyn Jenner als Stimme der Transgender Community?
Nein. Jede von uns durchläuft ihren eigenen schwierigen Prozess. Natürlich ist alles einfacher, wenn man viel Geld hat. Man bekommt bessere Medikamenten, vor allem auch legale, und kann sich professionellere Operationen leisten.
Ich bewundere die Schriftstellerin Janet Mock, aber auch Laverne Cox aus „Orange Is the New Black“. Mit Laverne habe ich vor Jahren mal ein Musikvideo gedreht, da war sie noch unbekannt, das war toll. Nicht-weiße Transgender Frauen haben es meiner Meinung nach noch schwerer, akzeptiert zu werden. Laverne hat es geschafft; auch geschafft, in Hollywood dazuzugehören.
Welche Geschlechter-Klischees trägt man häufig an dich heran?
Dass eine Frau nicht zugleich schön und klug sein kann.
Deine größte Stärke?
Mein Optimismus.
Hast du Freundinnen, die den gleichen Weg gegangen sind wie du?
Einige wenige ja. Mit vielen Transgender-Frauen zusammen an einem Ort zu sein, ist jedoch wie in einem Eimer voller Krabben zu schwimmen. Jede versucht nur, sich selbst hochzuziehen.
Magst du Männer oder Frauen?
Männer.
Wenn du etwas an deiner Kindheit ändern könntest, was wäre das?
Meine Eltern standen meiner Entscheidung, mich umwandeln zu lassen, nicht offen gegenüber. Hätten sie die Umwandlung unterstützt, wäre mein Leben anders verlaufen. Heute haben sie es akzeptiert, aber wir können nicht darüber sprechen. Sie sind nicht die Generation, die viel diskutieren will.
Wie ist das Leben mit Körbchengröße DD?
Es bringt Spaß und Macht. Zumindest, wenn man sich von niemandem nerven lässt.
Deine schönste Erinnerung dieses Sommers?
Ich werde wahrscheinlich niemals Kinder haben können. Meine Mutter mit meinen Nichten zu sehen, macht mich sehr glücklich. Das sind besondere Momente für mich.
Welche Frage nervt?
Ob ich eine Transgender-Frau bin. Das ist die intimste Frage, die man mir stellen kann, und ich möchte sie nicht von Menschen hören, denen ich erst fünf Minuten vorher begegnet bin. Deren Neugierde möchte ich nicht befriedigen.
Wie bist du auf Alexia, deinen neuen Namen, gekommen?
Alle meine Geschwister haben Namen, die mit A beginnen. Auch mein männlicher Name damals war ein Name mit A. Ich wollte nah an dieser Familientradition bleiben. Alexis klang mir zu bitchy, also wurde aus meinem Jungennamen Alexia.
August 2016, New York City